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Galerie Elisabeth & Klaus Thoman, Innsbruck/ Vienna
Galerie Sophia Vonier, Salzburg

Exhibitions (S=solo)

2023 Galerie Elisabeth & Klaus Thoman, Vienna, A (s)
2023 Neue Galerie Graz, A (s)
2023 Galerie Gölles, Fürstenfeld, A
2023 never@home, Vienna, A
2022 Im Detail, die Welt der Konservierung und Restaurierung, Ferdinandeum, Innsbruck, A
2022 Betwixt and between, Kunstverein Baden at NoeDOK, A
2022 Kunstpreis des Landes Niederösterreich, NoeDOK, A
2022 Art Cologne, Galerie Elisabeth & Klaus Thoman, GER (s)
2022 Geisterpop/ultation, Kunstverein Eisenstadt, A
2022 Skulpturengasten, Parallel, Vienna, A
2022 Skukpturengarten 2022, Gmunden, A
2022 curated by ARTIST PROJECT GROUP „What Can Artists Do Now?”, Galerie Elisabeth & Klaus Thoman, Vienna, A
2022 Fender, Galerie Sophia Vonier, Salzburg, A (s)
2022 how exactly like the object how beautiful! how exactly like the object how ugly, Kunsthalle Exnergasse, Vienna, A
2022 air 101 @ Kirche, Gmunden, A
2022 SOUVENIR, Galerie Elisabeth & Klaus Thoman, Vienna, A (s)
2022 DOK Niederösterreich, mit Kunstverein Baden, St. Pölten, A
2022   Sammlungausstellung Landesgalerie Niederösterreich, Krems, AT
2022   Sammlungsausstellung Museum der moderne Salzburg, AT
2022   Figurativ/Abstrakt, DOK Niederösterreich, St. Pölten, AT
2022   Kammerhofmuseum, Gmunden, AT
2022 Messebeteiligung ARCO Madrid mit Galerie Elisabeth & Klaus Thoman, E
2021 Messebeteiligung Art Cologne, DEU
2021 Sculptures, Galerie Elisabeth & Klaus Thoman Innsbruck, A
2021 a brief affaire, Galerie 5020 Salzburg with Projektraum Viktor Bucher, A
2021 Parallel Vienna with Kunstverein Baden, A
2021 In der Schwebe, Badner Kunstverein, A
2021 Ave #8, Magazin (original Linolcut-Publikation), Vienna, A
2021 me and the place, fluc, Vienna, A
2021 Parallel Edition, Messe, vertreten durch Galerie Elisabeth & Klaus Thoman und Projektraum Viktor Bucher, Vienna, A
2021 Encounter #4, Projektraum Viktor Bucher, Vienna, AT
2021 pending objects I+II, Galerie 5020 Salzburg, AT and newnow artspace, Frankfurt, GER
2021 Julia Haugeneder – Arnold Reinthaler, Badener Kunstverein, AT
2021 Idylle, blau, Galerie Elisabeth & Klaus Thoman, Innsbruck, AT (S)
2021 black & white, NÖ Art, curated by Silvie Aigner, Wanderausstellung Lower Austria, AT
2020 Zuckerlgschäft, with Sarah Fripon, Kunstraum Super, Vienna, AT
2020 JULIA, with Julia Brennacher, Galerie Sophia Vonier, Salzburg, AT
2020 art fair with Projektraum Viktor Bucher, artist-statement (solo), Parallel, Vienna, AT
2020 Futur 3 festival, Kiel, GER
2020 Poolhouse, art-lodge, Carinthia, AT (S)
2020 Superficial, Projektraum Viktor Bucher, Vienna, AT
2020 Vehikel, Library Academy of Fine Arts Vienna, Vienna, AT
2019 flooring, MUSA, Startgalerie, Vienna, AT (S)
2019 Asynchron, Quellenstraße 2a, Vienna, AT
2019 art fait with Parnass, Parallel, Vienna, AT
2019 Die Liebe ist ihrem Wesen nach… vermutlich die mächtigste aller antipolitischen Kräfte, Badner Kunstverein, AT
2019 Abschlussarbeiten Vol. II, Xposit, Vienna, AT
2019 Popcorn, Bureau veritas, Vienna, AT
2019 Outer spaces of other places, Library Academy of Fine Arts Vienna, Vienna, A
2019 Sie meinen es politisch! 100 Jahre Frauenwahlrecht in Österreich, Volkskundemuseum Vienna, AT
2018 Clinamen, Gellertstraße (pop-up space) Karlsruhe, GER
2018 LOOSE BUT TIGHT, Kunstverein Baden, AT
2018 how to live together, Kunstfabrik Groß-Siegharts, AT
2018 Ausstellung in der Schaustelle (Gruppenausstellung), Vienna, AT
2018 AiR Kunsthalle Exnergasse, presentation and artist talk, Vienna, AT
2018 GOODBYE ALBRECHTSFELD – Artist in Residence Program, Bäckerstraße 4, Vienna, AT
2017 Wie vermochten wir das Meer auszutrinken, Galerie 5020 Salzburg, AT
2017 dobedobedobe, Kunstverein Baden, AT
2017 Die Erinnerung des morgigen Tages, Kunstverein Baden, AT
2017 Kleine Gesellschaft für Reliquien, Hamburg, GER

Scholarships/Awards

2023 AiR London, GBR (AiR program BKA Austria)
2022 AiR Chicago, USA (AiR program Lower Austria)
2022 Arbeitsstipendium, city of Vienna
2021 Startstipendium, BKA Austria
2020 Nomination for the Chobot Sculpture award
2020 ArtStart scholarship, Academy of Fine Arts Vienna, AT
2016/17 Art school alliance, scholarship at HfbK Hamburg, GER
2017 AiR Kunsthalle Exnergasse, Vienna, AT
2016 AiR Projektraum Albrechtsfeld (Bäckerstrasse 4), September 2017, Burgendland, AT
2015 AiR Westport, Irland (AiR Programm Lower Austria)
2015 ERASMUS-Internship, printmaking workshop Central Saint Martins, UAL, GRB
2013 KWA Stipendium, Munich and Paris
2011 Artist in Residence, Kunst&Complex, Rotterdam, NL

Education

2011–19 Academy of Fine Arts Vienna, graphic and printmaking (Gunter Damisch, Veronika Dirnhofer and Christian Schwarzwald) and Central Saint Martins, London
2015 Degree at the Institute for Theatre-, Film- and Media Studies, University of Vienna, A
2010 Degree at the department of Art History, University of Vienna, A
2008–11 fotok, school for photography, Vienna
2005–15 University of Vienna, Art History, Theater-, Film- and Mediastudies, Philopsophy, University of Vienna, A and Erasmus University Rotterdam, NL

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Last Updated: November 2022
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Title
Year
Location
Solo / Group / Co-op

Baden, AT
Group

Kunstverein Baden Beethovengasse 7, 2500 Baden bei Wien 29.06. – 18.08.2024 Julia Haugeneder + Oliver Riedel Catherine Ludwig + Rudolf…

Kunstverein Baden

Beethovengasse 7, 2500 Baden bei Wien

29.06. – 18.08.2024

Julia Haugeneder + Oliver Riedel

Catherine Ludwig + Rudolf Pötters

Philip Patkowitsch + Theresa Eipeldauer


(Auszug aus dem Text von Nina Schedlmayer)

photos (c) Michael Kofler

Athens, AT
Solo

Yellow brick 7 Eptapirgiou Street, Nea Ionia, 142 31, Athens, Greece 10.07.2023 “to gather (berries, money, strength): μαζεύω”In-situ Video installation &…

Yellow brick

7 Eptapirgiou Street, Nea Ionia, 142 31, Athens, Greece

10.07.2023


ZINE
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Krems, AT
Solo

SteinStein Steinerstraße 72, 3500 Krems 22.03. – 22.04.2024 Sometimes the personal connection comes before the artistic one. Both can evolve…

SteinStein

Steinerstraße 72, 3500 Krems

22.03. – 22.04.2024

Manchmal kommt die persönliche Verbindung vor der künstlerischen. Beides kann sich entwickeln. Nino Svireli, Malerin und Julia Haugeneder, Bildhauerin und Filmemacherin, kennen sich von der HfbK Hamburg, leben nun beide seit 5 Jahren in Wien, sind befreundet und teilen sich ein Atelier. Zunächst nur vorübergehend, dann aufgrund des großen Erfolges verlängert. In dieser Zeit hat ihre Arbeit begonnen zu kommunizieren, zunächst sehr zaghaft, in den letzten zwei Jahren dann unübersehbar. Die unmittelbare Nähe während ihrer Entstehung und die enge Beziehung zwischen den Künstlerinnen hat sie einander näher gebracht. Deshalb sollte diese Verbindung öffentlich gemacht werden.
NO LIPS – NO LIPSTICKS – NO LIPS BUT STICKS ist ihre erste gemeinsame Ausstellung und Nino Svirelis erste Ausstellung in Österreich.

Text: Julia Haugeneder

Graz, AT
Solo

Neue Galerie Graz, Joanneum Joanneumsviertel, 8010 Graz 08.03. – 02.06.2024 a cooperation with Magdalena Kreinecker, Matteo Sanders und werkbuero We…

Neue Galerie Graz, Joanneum

Joanneumsviertel, 8010 Graz

08.03. – 02.06.2024

a cooperation with Magdalena Kreinecker, Matteo Sanders und werkbuero

go to work on an egg

Eier kennen wir alle und viele von uns haben mehrmals wöchentlich mit ihnen zu tun. Eier werden gekocht, gebacken, gegessen, bemalt, gegen Hauswände geworfen, ausgeblasen, getrennt, fallen gelassen, verquirlt, ersetzt und den Hühnern dankend weggenommen. Wir alle kennen Eier seit unserer Kindheit. Das ist aber nicht der Grund, warum sich die Ausstellung go to work on an egg mit diesem fragilen Objekt beschäftigt. Uns interessieren vor allem die Produkte, die seit der kapitalistischen Zeitenwende rund um die Ware „Ei“ entstanden sind.

Der Satz „go to work on an egg“ ist ein Zitat einer bekannten britischen Werbekampagne. Nach Jahren der Getreideknappheit und der daraus resultierenden saisonalen Schwankungen am Nahrungsmittelmarkt, wurde die Rationierung von Eiern ab 1957 aufgehoben. Der Werbespruch war von da an allgegenwärtig – im Radio und auf Plakatwänden.

Durch ihre weitreichenden Rechtssysteme haben Staaten unter anderem Zugriff auf die Regelung des Nahrungsmittelmarkts. Das hat auch zur Folge, dass manche Lebensmittel kurzzeitig rationiert werden können. Stand des Eiermarkts zum 16.12.2022: „Österreich ist gut mit Eiern versorgt. Deutschland: angespannter Eiermarkt, Großbritannien: rationiert Eier, Frankreich warnt vor Eierengpässen.“ (AMA / AgrarMarktAustria)

Organisiert wird die staatliche Regulierung von Eiern in Österreich durch die AMA-Marketing GmbH, in Großbritannien durch das von der Regierung 1956 eingesetzte Komitee „Egg Marketing Board“. Dieses Komitee reguliert seit seiner Gründung die große Schwankungsbreite der Eierpreise in staatlichem Interesse und führt eine nationale Preisstruktur.

Bis 1971 wurde mit der Kampagne „Happy Eggs“ im britischen TV und über Plakatwände für den täglichen Konsum von Eiern geworben. Das stellte eine direkte Verbindung zur staatlichen Lebensmittelregulierung und somit einen aktiven Eingriff in die Angebot-und-Nachfrage-Dynamik dar. Eier als nahrhafte, leicht zugängliche Lebensmittel für einen gelungenen Start in den (Arbeits-)Tag: Was es im kapitalistischen globalen Norden braucht, sind gut genährte, gesunde Arbeitskräfte.

Die Ausstellung go to work on an egg erinnert auch an die punktgenaue Zeitmessung von geleisteter Arbeitszeit, die durch eine einheitliche Messtechnologie im 19. Jahrhundert ermöglicht wurde: die Grundlage für die effiziente Ausbeutung von Arbeitskräften.

Bevor sich die mechanische standardisierte Zeitmessung etablierte, wurden Wegstrecken u. a. mittels Kochzeiten angegeben. Für kurze Strecken zum Beispiel mit der Kochzeit von Eiern: Von dir bis zu mir dauert es drei gekochte Eier. Heute ist es umgekehrt: Will man Eier kochen, gibt es allerhand Hilfsmittel, um die perfekte Konsistenz zu erreichen. Und wenn man sie nicht im Wasser kochen möchte, bereitet man sie in der Mikrowelle zu.

Hierfür steht unter anderem der „microwave egg cooker“ zur Verfügung: Eine dünne Wand aus Kunststoff umhüllt das Ei während der Erwärmung, damit es unter der Hitze nicht explodiert. Heute findet man eines dieser Kunststoffobjekte im Museum of American History als Teil unseres kulturellen Erbes. go to work on an egg ist in Analogie auf diesen kleinen Kunststoffgegenstand entstanden, der das Ei fest umhüllt hält. Entlang der Wände des gesamten Ausstellungsraums hängen Papierbahnen von der Decke, bestrichen mit Leim und Wachs. Eine Verbindung, die fragil wie eine dünne, ledrige Haut aussieht, aber durch ihre synthetische Beschaffenheit äußerst robust ist. Ähnlich wie bei Ei und „microwave egg cooker“ treffen in go to work on an egg natürliche, fragile und synthetische, robuste Materialien aufeinander und regen damit eine Auseinandersetzung mit Kunststoff an, der seit dem 19. Jahrhundert ein essenzieller Werkstoff ist.

Die immersive Rauminstallation ist eine Kooperation von Julia Haugeneder und Magdalena Kreinecker. Die Verbindung ihrer beiden künstlerischen Praxen, gemeinsame Arbeitstage und Gespräche haben zu diesem Ergebnis geführt: eine Installation, die wie eine schützende Membran zwischen Wand und Raumvolumen liegt. Bestehend aus Seidenpapier, Leinen, Leim, Pigment, Wachs und Epoxidharz ist die aus vielen Einzelteilen zusammengesetzte Installation eine Verbindung aus natürlich gewonnenen und künstlich hergestellten, wiederverwerteten und recycelten, aber auch aggressiven und umweltschädlichen Materialien.

Eine ähnliche Materialverbindung formen die Sitzmöbel, die in einer Zusammenarbeit von werkbüro (Lucas Schmid), Julia Haugeneder und Magdalena Kreinecker für go to work on an egg produziert wurden.

Die Film-Trilogie von Matteo Sanders und Julia Haugeneder setzt die Auseinandersetzung mit der Frage nach dem Zusammenhang von Wertproduktion und den Materialien, mit denen sich eine Gesellschaft umgibt, auf der filmischen Ebene fort. Der Fokus der forschenden Filmreihe liegt auf eingehegten Befreiungspotenzialen, die man nicht nur in der Geschichte von Kunststoff ausgraben und befragen kann, sondern auch im Umgang mit Nutzpflanzen (Teil II) und Sorgearbeit (Teil III). Was dabei sichtbar wird, ist eine dem Kapitalismus innewohnende Form der Organisation des

Zusammenlebens, die auf Ausbeutung basiert und diese nur verlagern, nicht aber beenden kann. Eben eine solche Verlagerung der Arbeit in einen unbezahlten und wenig

sichtbaren Teil der Gesellschaft erzählt die Geschichte der Kernfamilie in Zusammenhang mit der für sie entstandenen Architektur: der Architektur der Reihenhäuser.

„Happiness is egg-shaped.“

Julia Haugeneder und Magdalena Kreinecker

 Participants: 

Manuel Bachinger, Elias Freiberger, Theresa Hattinger, Michaela Herites, Lisa-Maria Hollaus, Anna Kreinecker, Sebastian Kubelka, David Lagler, Konrad Milan, Object fabrication, Asher O’Gorman, Michael Pöschl, Benjamin Posselt, Rudolf Pototschnig, Matteo Sanders, Benno Schlick, Helene Schreilechner, Miriam Stoney, Vanessa Swoboda, Jonas Wiesinger 

Performers: 
Diana Andrei, Christine Baumann, Lukas Güttl, Julia Haugeneder, Gabi Hödelmoser, Almud Krejza, Simon Nagy, Eva Oberhofer, Georg Oberhumer, Sabine Priglinger, Beate Schachinger, Lucas Schmid, Andrea Stockinger, Simon Stockinger, Lia Sudermann, Nino Svireli, James Woodgate and Fridolin the donkey 

Text base PART III: 
Simon Nagy

Thanks to:
Mariia Bakhareva, Robert Bodlos, Sara Buchbauer, Karin Buol-Wischenau, Zoe Ebner, Klaus Fuchs, Roman Grabner, Markus Malisniak, Georg Pachler, Martin Schantl, Sebastian Schuhmacher, Peter Semlitsch

Courtesy Galerie Elisabeth & Klaus Thoman and Galerie Sophia Vonier

Fotos (c) kunst-dokumentation.com

Belvedere 21, AT
Group

Belevedere 21 Arsenalstraße 1, 1030 Vienna 07. 04 – 02. 07. 2023 On June 26, 1974, at 8:01 a.m. in Troy, Ohio,…

Belevedere 21

Arsenalstraße 1, 1030 Vienna

07. 04 – 02. 07. 2023

On June 26, 1974, at 8:01 a.m. in Troy, Ohio, the first item is scanned by barcode in a department store: a pack of Juicy Fruit brand chewing gum. Chicago’s first high-rise building north of the Chicago River, visible from afar from the lake at the time, was the Wrigley Building from 1920, still preserved in its original form today. The facade is formed by countless terracotta tiles in eleven shades of white, which cover the building like fish scales. Chewing gum had already been used by the indigenous population for centuries, and in 1893 Wrigley made Juicy Fruit such a popular product that just 30 years later this high-rise building had to be erected as the company headquarters. The history of chewing gum, both non-synthetic and, from the 1960s, synthetic, is one of colonial capitalist exploitation.

together with Francesca Aldegani, Ana de Almeida, Minda Andrén, Olivia Coeln, Gabriele Edlbauer + Julia S. Goodman, Julia Haugeneder, Flora Hauser, Hannahlisa Kunyik, Guilherme Maggessi und Rafał Morusiewicz, Lydia Nsiah, Evelyn Plaschg, Heti Prack, Anna Spanlang, Hui Ye, Julia Zastava

Curatorial Team: Christiane Erharter, Andrea Kopranovic, Ana Petrović, Claudia Slanar, Luisa Ziaja
Graphic: Beton
Architecture: AKT

Schruns, AT
Group

Kunstforum Montafon Kronengasse 6, 6780 Schruns 16.06. – 11.08.2023 together with Catrin Bolt | Marlene Hausegger | Barbara Holub |…

Kunstforum Montafon

Kronengasse 6, 6780 Schruns

16.06. – 11.08.2023

together with Catrin Bolt | Marlene Hausegger | Barbara Holub | Imre Nagy | Giorgi Okropiridse | Edith Payer | Fabian Seiz

I am interested in materials that, as purely synthetic, seem to have abandoned the connection to nature. Thus – in an aesthetic beyond the facticity of limited raw materials – they reveal undisguised tendencies of industrial and financial capitalism. On the one hand, it has become clear in recent years that a vision of the world that draws a hermetic boundary between nature and humans or nature and society – where nature figures as a free source of production – necessarily brings nature to its knees. On the other hand, synthetic materials reveal a desire to free oneself from endless slog, for example in the household through numerous appliances of all kinds. Here, unlimited growth and perpetual consumption guided by need satisfaction play a central role. Thus, disposable products were celebrated in the 1950s as liberating the housewife from her laborious tasks. And nylon, the first synthetic fiber, was developed in 1935 and was first used as a toothbrush, then as a material for stockings, and later, during World War II, it was further developed into such products as parachutes. Nylon 66, inexpensive to produce and extremely robust, is today the most widely used plastic in the textile and automotive industries.

My sculpture presents on two nylon beams in wax preserved sculptures; it meets here thus nature and art material. The ephemeral material wraps around the imperishable material – as if the two concepts want to give up their separation.

Vienna, AT
Solo

Galerie Elisabeth und Klaus Thoman Seilerstätte 7, 1010 Vienna, A 17.03. – 26.05.2023 An installation made of bookbinding glue, pigment…

Galerie Elisabeth und Klaus Thoman

Seilerstätte 7, 1010 Vienna, A

17.03. – 26.05.2023

An installation made of bookbinding glue, pigment and rubber ropes forms the setting for the modular sculpture Floppy, whose five levels serve as independent objects as well as supports for my small sculptures. On view is my first film work (in collaboration with Matteo Sanders) entitled „Farewell. Or a person and a donkey no more than a person alone“. The film deals with themes of cohesion, care work and communality in the 20th and 21st century, using the history and prominence of the material plastic. A linoleum print with the motif of a microwave egg cooker, a bizarre cultural object of the nineties and today an object in the National Museum of American History in Washington, is placed at the beginning of the exhibition.

Link to Exhibition
Link to Article @Parnass

Photos © Galerie Elisabeth & Klaus Thoman / kunst-doukmentation.com

About the movie:
The material of a society reveals a lot about the structures of living together within that society – about production processes, but also about housing and living conditions. On the visual level, the essay film accompanies a group of 12 people at a communal meal which, during 34 minutes, turns into a collective production process of two sculptures. The images are accompanied by a narrative about synthetic materials, care work, liberation potentials and their enclosure, starting from the 19th century up to the present.

Fürstenfeld, AT
Group

Galerie Gölles Augasse 4, A – 8280 Fürstenfeld, AT 11.3. – 22.4.2023 with Veronika Dirnhofer, Michael Kienzer, Mariella Lehner, Pavlo…

Galerie Gölles

Augasse 4, A – 8280 Fürstenfeld, AT

11.3. – 22.4.2023

with Veronika Dirnhofer, Michael Kienzer, Mariella Lehner, Pavlo Makov, Christian Schwarzwald

photos (c) Christian Schwarzwald/Julia Haugeneder
 

Kunstzelle, AT
Co-op

Kunstzelle Museumsplatz 1, 1070 Vienna 14.01. – 04.03.2023 conceptualization and realization together with Simon Nagy Sat 14.1.2023, 6.00 p.m.with alphabet…

Kunstzelle

Museumsplatz 1, 1070 Vienna

14.01. – 04.03.2023

conceptualization and realization together with Simon Nagy

Sat 14.1.2023, 6.00 p.m.
with alphabet soup by Mareike Schwarz

Sat 21.1.2023, 6.00 p.m.
with Vegan Chili by Felix Kofler

Sat 25.02.2023, 6.00 p.m.
with Caldo by Laia Fabre

Sat, 04.03.2023, 18.00 h
with Borschtsch by Tomash Schoiswohl

https://www.wuk.at/programm/hut-und-suppe/

What role can art that deals with communal eating and cooking have in the communalization of public space? 

In spring, the KUNSTZELLE is wearing a sculpture by Julia Haugeneder as a hat and is the location for the format „Hat and Soup“. Artists cook a big pot of soup and invite you to eat together. The conversations held while spooning soup revolve around interventions in public space, the role of art in this field, and the intertwining of social practice and artistic strategies. Everyone is invited to join in the discussion. The participants can share their own experiences and positions, talk with the artists about their respective fields of work, or simply spoon and listen.

While warming up together with freshly cooked food outdoors, „Hut und Suppe“ tests how the aesthetic and social demands of art in public space can be reconciled.

Welche Rolle kann Kunst, die sich mit gemeinschaftlichem Essen und Kochen beschäftigt, in der Vergemeinschaftung von öffentlichem Raum spielen? 

Die KUNSTZELLE trägt im Frühjahr eine Skulptur von Julia Haugeneder als Hut und ist Ort für das Format „Hut und Suppe“. Künstler:innen kochen einen großen Eintopf und laden zum Essen ein. Die beim Suppe-Löffeln geführten Gespräche drehen sich um Interventionen im öffentlichen Raum, um die Rolle von Kunst in diesem Feld und um Verschränkungen von sozialer Praxis und künstlerischen Strategien. Alle sind eingeladen mitzuessen. Dabei können eigene Erfahrungen und Positionen geteilt, kann mit den Künstler:innen über ihre jeweiligen Beschäftigungsfelder gesprochen oder auch einfach gelöffelt und gelauscht werden.

Beim gemeinsamen Wärmen mit frisch gekochtem Essen im Freien erprobt „Hut und Suppe“, wie sich die ästhetischen und sozialen Ansprüche von Kunst im öffentlichen Raum unter einen Hut bringen lassen.

KUNSTZELLE is a project by Christine Baumann and Pablo Chiereghin
Fotos: (c) kunstdokumentation.com und Christine Baumann

St. Pölten, AT
Group

NÖ DOK Prandtauerstraße 2, 3100 St. Pölten 01.12.2022 – 15.01.2023 together with Carola Dertnig, Maria Legat, Betty Gannon and Christian…

NÖ DOK

Prandtauerstraße 2, 3100 St. Pölten

01.12.2022 – 15.01.2023

together with Carola Dertnig, Maria Legat, Betty Gannon and Christian Murzek 

For Folding 341 (Comfort), 2022 I took an object of everyday life as a starting point: A body-size U-shaped pillow, used both for medical reasons (hip surgery, back problems), but also for sleep disorders and anxiety, to provide a sense of security by enclosing the body. It provides stability. Likewise, the consumption of goods can give hold in a contradictory, confusing time: it can be a source of comfort. Based on the „calming purchases“ of firewood this summer that led to its sell-out, my U-shaped soft sculpture is filled with wood wool – doubly calming.

Für Faltung 341 (Comfort), 2022 habe ich ein Objekt der Alltagskultur zum Ausgangspunkt genommen: Ein U-förmiges Kissen in Körpergröße, das sowohl aus medizinischen Gründen eingesetzt wird (Hüftoperation, Rückenprobleme), aber auch bei Schlafstörungen und Angstzuständen, um durch die körperumschließende Nähe das Gefühl der Geborgenheit zu vermitteln. Es gibt Halt. Ebenso Halt in einer widersprüchlichen, verwirrenden Gegenwart kann der Konsum von Gütern geben: Basierend auf den „Beruhigungskäufen“ von Brennholz diesen Sommer, die zu dessen Ausverkauf geführt haben, ist meine U-förmige weiche Skulptur mit Holzwolle gefüllt – doppelt beruhigend.

Cologne, AT
Group

Galerie Elisabeth & Klaus Thoman Messeplatz 1 50679 Cologne, DE 16.11. – 20.11.2022 Solo booth as part of Art cologne Young…

Galerie Elisabeth & Klaus Thoman

Messeplatz 1 50679 Cologne, DE

16.11. – 20.11.2022

Solo booth as part of Art cologne Young positions,
with John M Armleder, Éva Bodnár, Herbert Brandl, Thomas Feuerstein, Mai-Thu Perret, Arnulf Rainer, Johannes Wohnseifer

Photos © Galerie Elisabeth & Klaus Thoman /

TAMBOURMAT, von französisch le tambour, deutsch: die Trommel.
Im Französischen kann an le tambour allerlei angefügt werden, zb. laveuer, dann ist es sogleich die Waschtrommel, oder melangeuer – die Mischtrommel. Tambourmat ist mein fiktiver Überbegriff für alles, was trommelnd durch die Welt geht. Von Ausstellungen erwarten wir im 21. Jahrhundert ebenso, dass sie Eventcharakter haben, wie von Einkaufshäusern, Parks, aber auch Filme, Feiern, Feste sollen ein Erlebnis sein. Sogar ein Besuch im Ärztinnenzentrum wird als „rundum-Wohlfühlerlebnis“ beworben. Überall trommeln die aufmerksamkeitsgenerierenden Mechanismen um unsere Zuneigung. Auch meine Skulpturen trommeln durch ihre schillernden Farben und ihre weiche Aussenhaut darum. Wie in einem Waschsalon – in dem sie dem tambour laveur begegnen – liegen sie auf Fliesen oder sind mit Gummibändern an die Wand geschnallt, als könnten sie jederzeit in Gebrauch genommen werden; als würden sie wollen, dass man mit ihnen etwas erlebt. Nur was es ist, bleibt unklar. Lediglich das Begehren wird spürbar, aber damit auch gleichzeitig seine fahle Begleiterin: die Nichterfüllung unserer Wünsche, die in der Erlebniskultur als Motor eines schrillen Perpetuum Mobile fungieren.

Salzburg, AT
Solo

Galerie Sophia Vonier Wiener-Philharmoniker-Gasse 3, 5020 Salzburg, AT 6.8. – 17.9.2022 Fender: a word that describes not only an object…

Galerie Sophia Vonier

Wiener-Philharmoniker-Gasse 3, 5020 Salzburg, AT

6.8. – 17.9.2022

Fender: a word that describes not only an object – the soft, round body attached to the outside of the boat that cushions anything approaching the hull – but also, at the same time, the scenario in which this object becomes active: a soft body that is pliable, capable of yielding under pressure from hard objects, but returning to its original shape and mediating as a buffer between hard objects. The sculptures of the exhibition FENDER explore these properties and translate them into a material related to the original: linen and bookbinding glue instead of rope and plastic.

Exhibitiontext by Natalie Neumaier

Eisenstadt, AT
Group

Kunstverein Eisenstadt Joseph-Haydn-Gasse 1, 7000 Eisenstadt, AT 12.9. – 5.12. 2022 Link to exhibition Artist: Thean Chie Chan, Iris Dittler, Sophie Dvořák, Mark…

Kunstverein Eisenstadt

Joseph-Haydn-Gasse 1, 7000 Eisenstadt, AT

12.9. – 5.12. 2022

Link to exhibition

Artist: Thean Chie ChanIris DittlerSophie DvořákMark FridvalszkiErich GruberJulia HaugenederMagdalena Kreinecker, Franza MaierEvelyn PlaschgMathias Pöschl, Christian SchwarzwaldŠimon SýkoraMarie VermontLetizia Werth

curated by Barbara Horvath

Exhibition views: Alfredo Barsuglia 

Scenography: Johannes Lakinger

Vienna, AT
Solo

Galerie Elisabeth & Klaus Thoman, Seilerstätte 7, 1010 Vienna 5.5. – 28.5.2022 Photos © Galerie Elisabeth & Klaus Thoman / kunst-dokumentation.com

Galerie Elisabeth & Klaus Thoman,

Seilerstätte 7, 1010 Vienna

5.5. – 28.5.2022


Photos © Galerie Elisabeth & Klaus Thoman / kunst-dokumentation.com

Vienna, AT
Co-op

Kunsthalle Exnergasse (KEX) im WUK (Werkstätten- und Kulturhaus) Währinger Straße 59, 1090 Vienna 2.6. – 15.7.2022 https://www.wuk.at/programm/how-exactly-like-the-objectArtists: Moriz Bauer, Sarah…

Kunsthalle Exnergasse (KEX) im WUK (Werkstätten- und Kulturhaus)

Währinger Straße 59, 1090 Vienna

2.6. – 15.7.2022

https://www.wuk.at/programm/how-exactly-like-the-object
Artists: Moriz Bauer, Sarah Fripon, Georg Haberler, Julia Haugeneder, Luisa Kasalicky, Sophia Mairer, Vika Prokopaviciute, Liesl Raff
Concept: Sarah Fripon, Julia Haugeneder, Simon Nagy

The text for the exhibition was produced in the context of workshops during the exhibition and can be read online

Image descriptions in front of living objects, seated;
Image descriptions of things not there, standing.
Image descriptions from an undefined angle, lying down…
Workshop with Gerd Sulzenbacher
4.6., 14.00 – 17.00

uncanny text effects
Workshop mit Jörg Piringer
14.6., 19.00 – 22.00 

Skulptur, ich will ein Date mit Dir!
Workshop mit Jackie Grassmann
18.6., 14.00 – 17.00​

Fotos (c) Kunst-Dokumentation.com
Invitation motif: Sarah Fripon, 2022

Gmunden, AT
Group

Gmunden Toscanapark  4810 Gmunden 22.7. – 26.8.2022 Folding 330, 331 (wash), A person and a donkey together know more than…

Gmunden Toscanapark 

4810 Gmunden

22.7. – 26.8.2022

Folding 330, 331 (wash), A person and a donkey together know more than a person alone, 2022.

“For the artist’s folds, Haugeneder mixes bookbinder’s glue with pigment and shapes or folds this material, which has dried in the flat. The two sculptures shown, made of Liquid Plastic, the washed/weatherproof version of her material, were created as a collective folding together with 10 colleagues in May 2022 as part of a film shoot. In her discourse on the artistic process, the artist foregrounds the steps of making. Actions such as casting, cutting, folding, material-making are immediately proposed as a first approach to her work.”

Salzburg, AT
Group

FÜNFIGZWANZIG Residenzplatz 10, 5020 Salzburg 19.03. – 30.04.2021 In this framework two exhibitions were executed simultaneously: in the gallery FÜNFIGZWANZIG…

FÜNFIGZWANZIG

Residenzplatz 10, 5020 Salzburg

19.03. – 30.04.2021

In this framework two exhibitions were executed simultaneously: in the gallery FÜNFIGZWANZIG in Salzburg and in newnow artspace in Frankfurt. The group of sculptures that was shown in Salzburg included the works Folding 232, 233 (bookbinding glue, pigment, bubble wrap, POM, 2 × 200 × 45 x 10 cm) and Folding 251 and 252 (bookbinding glue, pigment, bubble wrap, 30 × 50 × 200 cm and 140 × 140 × 18 cm respectively). This ensemble emerged in reference to the story Bernd lacht (Bernd laughs) by Simon Stockinger. These are the first works that came about in an interplay with a literary text.


Das englische Adjektiv „Pending“ heißt auf deutsch etwa „bevorstehend“ oder „schwebend“. Damit rührt sein Gehalt an das Zeitliche wie das Räumliche. Das Wort kann zudem „unerledigt“ bedeuten. Reiht man diese Begriffe aneinander – bevorstehend, schwebend, unerledigt –, so tritt etwas eigentümlich Unentschiedenes, Offenes hervor; jedenfalls etwas Nicht- Determiniertes. „Noch nicht“, könnte man in die Reihe rufen, denn solche Adjektive machen ihre Objekte immerhin zu Ankündigungen: Das Bevorstehende wird kommen, das Schwebende wird landen, das Unerledigte wird erledigt.

Den spezifischen Charakter der Ankündigung verkündet aber nicht das vorstehende Adjektiv „Pending“, sondern erst sein Substrat „Objects“. Denn das Adjektiv muss sich auf etwas beziehen. Wir müssen wissen, was uns konkret tangiert, sei es bevorstehend, schwebend oder unerledigt. Jedes Adjektiv bezieht sich also auf ein Etwas, eine Substanz, der es eine Qualität zuschreibt. Ohne diesen Bezug bleiben die Worte ohne Identität, lediglich ein geisterhaftes Schulterzucken, das vage auf seine Haltlosigkeit verweist.

Was aber, wenn wir „Pending“ den Status des Adjektivs entziehen und ihm Substrat-Status verleihen? Wenn wir so tun, als wäre „Pending“ die Substanz, das „Eigentliche“, das Bezeichnete und nicht die Zuschreibung? Eine solche Umkehrung ist kaum zu fassen; sie scheint den Urzusammenhang zwischen Denken und Grammatik aufzulösen. Denn Objekte können Wiewörter sein (der Wald ist schön), aber Wiewörter können keine Objekte sein (schön ist kein Wald), sondern sie nur einfangen und verwandeln. Die beruhigende Identität entfällt.

Die Werke der Ausstellung sind selbst nicht in der Schwebe, nicht bevorstehend oder unerledigt, „Pending“ ist nicht ihre Eigenschaft, sondern ihre Funktion. Fungiert der herkömmliche Ausstellungstext allzu oft als erste Präformation künstlerischer Arbeiten in Richtung ihrer Bestimmung als Waren unter Waren unter Waren, so möchte dieser Text zur temporären Verweigerung unserer Einordnungsgier einladen. Keine Partizipation wird verlangt, kein Narrativ gesetzt. Die Verunsicherung, die die übersetzte Wortreihe – bevorstehend, schwebend, unerledigt – auslöst, wird begrüßt.

Aber – FOR CRYING OUT LOUD – hier soll selbstverständlich auch keiner vor-kritischen Kontemplation das Wort geredet werden. Nein, das Bürgersubjekt soll sich nicht in jener Harmlosigkeit und Losgelöstheit üben, die entsteht, wenn Kunst zum Anderen der Arbeitswelt verkleinert wird. Wer sich ohne kategoriale Einordnungen ausliefern kann, entrückt nicht in einen virtuellen Wellness-Bereich, sondern hin zum Material, hin zu den Farben, hin zu vermeintlich Unbewegtem, dessen Formen zu Inhalten werden, die zumindest kurz ohne Worte und Anbindungen bleiben, sich kurz gegen die Gesetze des Ganzen emanzipieren. Die Neugier entsagt kurz der Gier und entdeckt die Weiten der Assoziation und des Imaginären. Mehr kann man ja nicht verlangen.

Was Adorno zufolge die Philosophie der Welt nicht antun solle, soll ein Ausstellungstext der Kunst nicht antun – also nicht sie auf „ein präfabriziertes System von Kategorien […] reduzieren, sondern, gerade umgekehrt, sich in einem bestimmten Sinn offen […] machen für das, was dem Geist an Erfahrung sich darbietet. Und von diesem Erfahrungsbegriff und der veränderten Stellung zur Unendlichkeit möchte ich dann am Donnerstag weiter sprechen.“ (Adorno, Theodor W. (2007/1965): Vorlesung über Negative Dialektik. Fragmente zur Vorlesung 1965/1966. Frankfurt/Main: Suhrkamp, S. 113)

Text von Simon Stockinger


BERND LACHT

Bernd Aichgruber schreckte aus seltsamen Fantasien über heilsame kleine Tiere hoch und fand sich auf einer abschüssigen Landstraße, allein, umgeben von dichtem Nebel. Er machte eine entschuldigende oder abwehrende Geste, aber es war wirklich niemand da. Irgendwo, weit weg, bellte ein Hund, echolos und ohne Antwort. In den Fichten klirrte es, aber alles stand.

Ein Gefühl von Stechschrittnadeln kroch Bernd Aichgruber vom Nacken in die Stirn. Die Worte wir müssen noch rollten ihm zwischen den Augen, wiederholten sich, wurden immer schneller, bis das Fantasiewort Ennoch unangenehm hervorstieß, immer wieder. Es – das alles – war nicht

auszuhalten, etwas musste geschehen oder weitergehen.

Was ist das nur für ein Gefühl?, warf Bernd Aichgruber in den Strudel. Silben eckten aneinander, aber nichts verfing, der geworfene Satz verschwand, wie alle Sätze, die nicht zu Monstern oder Statuen werden. Das Karussell – solche Metaphern drängten sich der eigenschaftslosen Figur Bernd Aichgruber auf – wurde immerhin langsamer. Also, hauchte er und nahm das Wort, gab ihm Wucht, und stemmte es in den Strudel. Jetzt war wirklich alles – ALLES – ruhig.

Aus dem Nebel kam Beifall oder auch nicht und der Erschrockene lachte schnell auf. Kurz spielte er mit dem Gedanken, fest an einem der runden Steine vom Wegesrand zu kauen. Er würde sich ein, zwei Zähne ausbeißen. Später könnte er dem Zahnarzt erzählen, er habe den Stein für ein Mentos-Zuckerl gehalten oder – besser noch – man habe ihm einen Streich gespielt mit dem Mentos, es tue allen Leid, diese jugendlichen Arschlöcher hätten es nicht so gemeint.

Bernd Aichgruber entschied sich gegen den Stein, aber er wusste plötzlich, er würde alles, sein ganzes Leben, radikal und kompromisslos ändern; sobald er aus diesem Nebel getreten war, würde er damit beginnen; er wusste schon die ersten Schritte, die dazu nötig waren; die ersten Anrufe. Jetzt lächelte er und ging schnell weiter. Hinter dem Nebel empfing Bernd Aichgruber gleißendes Sonnenlicht.

Er änderte nichts an seinem Leben. Im Verlauf der nächsten Jahre – sie begannen kalt, endeten kalt, und ihre Mitten hinterließen klebrige Hoffnungsschlieren – entwickelte er eine Vorliebe für Steine, für das Sammeln von Mineralien. Er mochte insbesondere solche mit schimmerndem Innenleben; jene, in die er versinken konnte, bis das steinharte Gehäuse zu verschwinden schien; es verschwand einfach durch das Schauen, wie nichts sonst. Niemand aus dem beschaulichen Umfeld des Bernd Aichgruber wunderte sich über dieses Hobby, wie er selbst es gerne verächtlich kichernd benannte, meistens wurde es lediglich als sympathische Schrulle belächelt.

Text von Simon Stockinger

Frankfurt, DE
Group

NEW NOW art space Schwedlerstraße 1–5, 60314 Frankfurt 27.08.2021 – 10.09.2021 newnow artspace 5th floor, room 5.15.Frankfurt Featuring works by:…

NEW NOW art space

Schwedlerstraße 1–5, 60314 Frankfurt

27.08.2021 – 10.09.2021

newnow artspace
5th floor, room 5.15.
Frankfurt

Featuring works by:
Paul Robas, Sarah Fripon, Stine Olgod, Julia Haugeneder, Johana Binder

Fotos (c) Sarah Fripon und newnow artspace

Innsbruck, AT
Solo

Galerie Elisabeth & Klaus Thoman Maria-Theresien-Straße 34, 6020 Innsbruck 26.03. – 26.06.2021 There was an installation consisting of sculptors made…

Galerie Elisabeth & Klaus Thoman

Maria-Theresien-Straße 34, 6020 Innsbruck

26.03. – 26.06.2021

There was an installation consisting of sculptors made especially for this exhibition. The works Folding 203-235 (bookbinding glue and pigment, dimensions variable) were displayed on Plexiglass furniture and anti-slip flooring. Beyond that were two large-format wall pieces in the entrance area—the untitled linocut, anti-slip (2 × 3 meters) and untitled (Lammellen (Slats)) (bookbinding glue and pigment, ca. 2.2 × 13 meters). The linocut shows the pattern of the anti-slip flooring and can as such be read as a commentary on the exhibition. Untitled (Lamellen) is based on the sluices in use at swimming pools to form a passage between indoor and outdoor pools. For this exhibition, the film and media scholar Ulrich Meurer has developed an audio play that could be heard on site, which is called poolloop. This work took up Freud’s concept of “screen memory,” which describes a process by which significant memories are overlaid by less meaningful content. Furthermore, the feature film The Swimmer (Frank Perry) is mentioned—a psychodrama that served as a source of inspiration for some of the works shown in the exhibition.

For her first show in collaboration with Galerie Elisabeth & Klaus Thoman, Julia Haugeneder is showing a new series of folded sculptures and wall works that she developed especially for the gallery space in Innsbruck. The objects Faltung 203-235 are shown for the first time, partly on transparent pieces of Plexiglas furniture, partly on the anti-slip floor laid out in the gallery as part of the exhibition. In addition, two large wall works hang in the entrance area, a linocut made of standard floor material, 2 × 3 metres, and the work untitled (Lamellen). The latter is made of the same material as the artist’s Faltungen, in which Haugeneder mixes bookbinding glue with pigment and then shapes or folds the material, that has dried in the flat. An audio book created for the exhibition, written by Ulrich Meurer, a film and media scientist, provides the soundscape in Idylle, blau, which invites visitors to immerse themselves in it. The artist took inspiration for the title and the atmosphere of the show from the US feature film The Swimmer (1968).


POOLLOOP
ein Text von ULRICH MEURER
verfasst in Zusammenhang mit der Ausstellung Idylle, blau


Fotos: © Galerie Elisabeth & Klaus Thoman / WEST.Fotostudio

Vienna, AT
Group

Post am Rochusmarkt Rochusplatz 1, 1030 Vienna October 2021 – March 2023 Permanent Installation at the Foyerwith Erwin Bohatsch, Sophie…

Post am Rochusmarkt

Rochusplatz 1, 1030 Vienna

October 2021 – March 2023

Permanent Installation at the Foyer
with Erwin Bohatsch, Sophie Thorsen, Stefan Sandner und Peter Krawagna

Fotos (c) Galerie Sophia Vonier and Galerie Thoman

Vienna, AT
Group

Projektraum Viktor Bucher A-1020 Wien, Praterstrasse 13/1/2 12.06. – 04.07.2020 galerieprojektraumviktorbucher with ANDREAS FOGARASI, JULIE HAYWARD, LEOPOLD KESSLER, ANGELIKA LODERER,…

Projektraum Viktor Bucher

A-1020 Wien, Praterstrasse 13/1/2

12.06. – 04.07.2020

galerieprojektraumviktorbucher

with ANDREAS FOGARASI, JULIE HAYWARD, LEOPOLD KESSLER, ANGELIKA LODERER, PETER SANDBICHLER

The group exhibition SUPERFICIAL deals on the one hand with surface / s in the material sense and superficial view / interpretation on the other hand. It remains to be seen that some works of art need more mediation than others, without which these ultimately cannot be or only insufficiently accessible to the recipient.

In this way, meaning / content / added value, the quality of a work of art, is often only re-vealed when you – literally – scratch the surface – i.e. convey content, -analyse, -interpret.

This exhibition brings together a wide variety of selected, current works by six outstanding artists, all of which should be examined more closely …

Vienna, AT
Co-op

Daihatsu Rooftop Gallery Vienna 13.08. – 14.12.2020 7. intervention:Social Distancing? Sure! But I am just a sculpture! This is not…

Daihatsu Rooftop Gallery

Vienna

13.08. – 14.12.2020

7. intervention:
Social Distancing? Sure! But I am just a sculpture! This is not about neuroses, you mimosas!

With her sculpture, Julia Haugeneder creates an image of organic entanglement that could evoke an impression of closeness but also of physical cramping. In her work, the artist tries to deal with the current problems of social and physical encounters in an openly associative way. Encounters in public space are currently often associated with anxiety and nervousness and these can, as is well known, from a psychosomatic point of view, „hit the stomach“ and figuratively speaking – „hit the gut“. So the decision to park the DAIHATSU-ROOFTOP-GALLERY with this special sculpture on the roof in front of the Freud-Museum seems to be an only too logical consequence. So that is where this vernissage will take place. In the following week, the gallery will be on the road in and around the 9th district, parking spontaneously for 2 hours every day on a free parking space.

Text: Peter Fritzenwallner

DAIHATSU ROOFTOP GALLERY – KÖR

Gmunden, AT
Solo

Kammerhofmuseum Kammerhofgasse 8, 4810 Gmunden March 2022 Curator: Andrea Bier

Kammerhofmuseum

Kammerhofgasse 8, 4810 Gmunden

March 2022

Curator: Andrea Bier

Kiel, DE
Group

Futur 3 Festival Kiel, Germany 26.09.2020 – 03.10.2020 https://www.futur3-festival.net/

Futur 3 Festival

Kiel, Germany

26.09.2020 – 03.10.2020

https://www.futur3-festival.net/

Salzburg, AT
Group

Galerie Sophia Vonier Wiener-Philharmoniker-Gasse 3 5020 Salzburg, Austria 20. Oktober bis 5. Dezember Text: Anette Freudenberger  galerievonier.com Fragt man Bildhauer*innen,…

Galerie Sophia Vonier

Wiener-Philharmoniker-Gasse 3

5020 Salzburg, Austria

20. Oktober bis 5. Dezember

Text: Anette Freudenberger 

galerievonier.com



Fragt man Bildhauer*innen, was sie tun, erhält man häufig Tätigkeitsworte wie „falten, lehnen, biegen, schneiden“ zur Antwort, die alle Richard Serras legendärer Liste entnommen sein könnten, der Verb List Compilation. Actions to Relate to Oneself von 1967/68. Bereits über 70 Jahre zuvor äußert Maurice Denis zur Malerei, ein Bild sei noch bevor es irgend etwas darstellt, „im wesentlichen eine plane Fläche, die in bestimmter Ordnung mit Farben bedeckt ist.“ Die Frage nach den grundlegenden Bedingungen der Medien der Kunst erfährt heute mit der fortschreitenden Mediatisierung der Welt eine neuerliche Zuspitzung, die in der Gegenüberstellung von Malerei und Skulptur von Julia Brennacher und Julia Haugeneder produktiv gemacht wird. Es sind nicht nur die offensichtlichen Schnittstellen zwischen den Medien, etwa die Verräumlichung der Farbe und Bildhaftigkeit der Objekte, die in der Konstellation der beiden Positionen so wunderbar zutage treten, sondern Aspekte von Bewegung und Performativität, die hier virulent werden. Julia Haugeneder arbeitet mit Buchbinderleim, den sie mit Pigmenten und Gips mischt und flächig ausschüttet, um die so entstandenen dünnen Folien anschließend zu handlichen Päckchen zu falten, die teilweise mit Verpackungsmaterial, mit Luftpolsterfolie gefüllt sind. Sie lenkt das Ausufernde, Informelle in geregeltere Bahnen und bringt das Ergebnis der Schüttung in eine gewisse Ordnung. Die prozessorientierte Formgebung ist unmittelbar nachvollziehbar, läßt sie sich doch mit alltäglichen Handlungen abgleichen, wie etwa Strudelteig ziehen und einschlagen, Wäsche falten etc.. Man ist als Rezipient*in versucht, die Objekte eigenhändig zurecht zu rücken und ihre taktilen Eigenschaften zu testen. Form und Anordnung im Raum können durchaus gegenständlich gelesen werden und erinnern in Salzburg nicht von ungefähr an Tortenstücke von Tomaselli. Zunächst einmal sind sie aber eine Auseinandersetzung mit dem Material, Folgen von Aktivitäten, die sich in der Dynamik von Umsetzung und Rückkopplung in den Faltungen manifestieren. Vergleichbar ist die Geste in Julia Brennachers seriell angelegten Arbeiten weniger Ausdruck als Organisation in den Grenzen des Bildfelds, in dem sie sich ausdehnt. Sie folgt den Möglichkeiten, die sich aus den Bedingungen, Format, Leinwand, Malmittel ergeben. Und sie beobachtet sich dabei. Die Linie stellt sich als Linie aus. Die malerische Spur führt durch den geschichteten Bildraum. Sie delegiert die Denkbewegung, die sich in ihr ausdrückt, zurück an die Betrachter*innen. Diese erfahren die eigene Wahrnehmung als Bewegung, die zudem über die einzelne Arbeit hinaus geht und von Bild zu Bild Verknüpfungen herstellt – „visuelle Seilschaften“ wie Brennacher sagt. Damit rückt die gesamträumliche Präsentation wieder ins Blickfeld. Es wurde eben nicht nur Farbe auf Flächen verteilt. Sie entfaltet sich in den Raum und darüber hinaus. Einige Bilder stehen auf Sockeln und lehnen an der Wand. Sie verweisen wie die Skulpturen von Julia Haugeneder auf Handlungen im Atelier, denn dort werden sie üblicherweise auf kleinen Holzklötzchen abgestellt. Der Ausstellungstitel JULIA suggeriert eine Art Verwandtschaftsverhältnis der Arbeiten, die dessen ungeachtet einige Unterschiede offenbaren. Aber innerhalb eines dialogischen Settings begegnen sie sich zugleich komplizenhaft und kontroversiell. Genau das ist es, was Kunst kann: Ambivalenzen provozieren, statt sie zuzuschütten, kommunizieren, vergleichen, vervielfältigen, auffächern, differenzieren…

Vienna, AT
Solo

MUSA Startgalerie Felderstraße 6-8, 1010 Wien 19.12.2019 – 16.01.2020 FLOORING Text zur Ausstellung: Stephanie Damianitsch „Ich falte und ich schneide“,…

MUSA Startgalerie

Felderstraße 6-8, 1010 Wien

19.12.2019 – 16.01.2020

FLOORING

Text zur Ausstellung: Stephanie Damianitsch

„Ich falte und ich schneide“, gibt Julia Haugeneder lapidar zur Antwort, wenn sie auf ihre Kunst angesprochen wird. Der Kontrast zwischen der Nüchternheit dieser Aussage und der Sinnlichkeit ihrer Arbeiten könnte auf den ersten Blick nicht größer sein. Denn ihre gefalteten Objekte in unterschiedlichsten Formen, Größen und Pastellfarben, aber auch die Linolschnitte der Künstlerin laden zu einem unmittelbaren synästhetischen Erlebnis ein, das alle Sinne anspricht. Es ist eine Form von Bewusstseinszustand, der sich in der Ausstellung Flooring beinahe automatisch einstellt, sobald man den rosafarbenen, weichen Teppich betritt, mit dem die Künstlerin den Boden ausgelegt hat. „Die Stelle, an der man den Boden berührt, ist die direkteste Verbindung mit dem, was uns umgibt. Auf dieser kleinen Fläche spüren wir die Kontingenz zwischen Welt und Körper“, so die Künstlerin. Diese Aussage verleitet dazu, Flooring auch als Handlungsanweisung zu verstehen, die Ausstellung und die Kunstwerke nicht nur mit dem „Distanzsinn“ des Sehens wahrzunehmen, sondern ihnen vor allem über eine körperliche Empfindungsebene zu begegnen.

Eine Aufforderung, die der Überzeugung von Julia Haugeneder entspricht, dass Kunst nicht nur eine andere Formulierung von sprachlich Fassbarem ist, sondern eine Eigenwertigkeit und Aussagekraft abseits der Welt der Begriffe und logischer Bezeichnungssysteme hat. Ihre Kunst ist dementsprechend nicht Resultat einer sprachlich-abstrakten Reflexionstätigkeit, wie sie unseren Weltbezug primär bestimmt. Die Künstlerin stellt diesen vielmehr über ihre Arbeiten infrage, die sich einen bewusst formalen Zugang und einem direkten Umgang und Dialog mit dem Material verdanken.

Und so mag es nicht verwundern, dass der Titel Flooring nicht zuletzt auch in Bezug zum Herstellungsprozess der Arbeiten gesetzt werden kann. Denn die Werkgruppe der Faltungen findet ihren Ausgangspunkt stets in einer hauchdünnen, mit Gips und Pigmenten vermischten Leimschicht, welche die Künstlerin flach auf den Boden ausgießt. In ihrer Annäherung an das Material reagiert Haugeneder intuitiv auf Erhebungen und Strukturen, die sich im Trocknungsvorgang dieser durchaus hautähnlichen Oberflächen bilden. Sie antwortet den materiellen Spuren im Prozess des wiederholten Biegens, Ziehens, Zerrens, Ein- und Ausfalten des Leimes, solange bis in diesem Dialog ein Objekt entsteht, dass – wie es die Künstlerin ausdrückt – „nicht mehr einfach nur Material ist“. Ihr individueller Objektcharakter verdankt sich somit keinem vorgefassten Gestaltungskonzept, vielmehr repräsentieren sie den Prozess der Faltung selbst, den sie – vergleichbar japanischen Furoshiki-Tüchern – als Kunstwerk ver-körpern. Jede eingehendere Betrachtung ihrer Arbeiten muss – um der hohen Bedeutung gerecht zu werden, welche die Künstlerin dem Herstellungsprozess beimisst – daher von Haugeneders zentralen Kommunikationsmitteln mit dem Material ausgehen: dem Falten und dem Schneiden. Gleichzeitig gilt es die nur scheinbar rein formalen Resultate dieser Handlungen, dieses Verhältnisses zum Material im Blick zu haben: die Falte und das Gitter.

Der operative Begriff des Faltens sowie das metaphorische Bild der Falte weisen nicht nur in der japanischen Tradition, sondern auch in der westlichen Philosophie und Kulturgeschichte eine Theoriegeschichte auf, die durchaus erhellende Perspektiven auf das Werk von Julia Haugeneder eröffnet. Dies liegt darin begründet, dass die einfache, so alltäglich scheinende Tätigkeit des Faltens eine entscheidende Gleichzeitigkeit visualisieren kann: jene von Innen und Außen. Faltet man ein Stück Papier oder Stoff, so wird die Rückseite und damit ein eigentlich Nichtsichtbares, „Inneres“ ins Außen gestülpt, während das Äußere, zuvor Sichtbare im selben Moment zum Inneren wird. Diese Gleichzeitigkeit von Innen und Außen veranlasste bereits den Phänomenologen Maurice Merleau-Ponty dazu, das Bild der Falte als Metapher für die von ihm theoretisierte untrennbare Verwebung von Leib und Welt heranzuziehen. Für Merleau-Ponty, der die strikte Trennung einer erkennbaren Welt für das menschliche Bewusstsein und einer Welt aus Dingen-an-sich ablehnte, ist der menschliche Weltbezug kein rein kognitiver, sondern ein immer schon leibliches Zur-Welt-sein. Der Mensch kann nicht anders, als sich die Welt durch den Körper, oder genauer gesagt, den phänomenalen Leib zu erschließen, der sowohl wahrnehmbares Äußeres als auch wahrnehmendes Inneres inmitten der Welt ist. Merleau-Ponty beschreibt dieses Bündnis zwischen uns und den Dingen daher als „das Einrollen des Sichtbaren in den sehenden Leib“, oder auch als „Faltung“. Die Faltungen von Julia Haugeneder machen eben diese Form des Weltbezuges erfahrbar. Und eben nicht darüber, dass sie den Versuch darstellen, die komplizierte Begrifflichkeit der Phänomenologie zu illustrieren. Sondern ganz im Gegenteil, indem sie eben diese synästhetische Wahrnehmung mit allen Sinnen und dem „ganzen körperlichen Sein“ direkt erfahrbar machen.

Doch darf man die Arbeiten von Julia Haugeneder nicht als Romantizismus der Dingwelt missverstehen. Wie die Phänomenologie oder auch der Neue Materialismus bringen sie die bestehenden Kategorien von Subjekt und Objekt ins Wanken und werfen Fragen nach dem Verhältnis des Individuums zur Gesellschaft auf. Dies trifft insbesondere auf die Linolschnitte der Künstlerin zu. Anders als bei den Faltungen folgt die Künstlerin bei der Herstellung ihrer Werkgruppe der Markierungen einer im Vorfeld festgelegten Struktur, die sich an einfachen Schemata orientiert, welche die Alltagswahrnehmung prägen oder unser Verhalten im Raum dirigieren: Stromkabel, die den Himmel in unzählige Abschnitte teilen, Bodenmarkierungen, die den Verkehr in Bahnen weisen oder – wie in der aktuellen Arbeit Ohne Titel (Gepäckband) von 2019, Kofferbänder bei der Gepäckausgabe, die das Zirkulieren von Dingen und Waren repräsentieren. Auf diese häufig unbewusst wahrgenommen, den Weltbezug regulierenden Schemata reagiert die Künstlerin, indem sie davon inspirierte Strukturen aus großen Linoleumbodenplatten schneidet. Die herausgeschabten Linienraster treten in den fertigen Arbeiten in eine Spannung mit dem engmaschigen Jutenetz, welches durch die langwierige Schneidearbeit in der Struktur der ausgesparten Flächen stellenweise sichtbar wird. Als Gewebe auf der Rückseite der Linoleumplatten angebracht, hat das Jutenetz die Funktion, das mit Leinöl vermengte Naturharz zusammenzuhalten, und ist im Werk von Julia Haugeneder mit jenen miteingegossenen Putzgittern vergleichbar, die in den Faltungen die dünne Schicht aus Leim stabilisieren.

Wie die Falte ist auch das Gitter daher sowohl mit dem Prozess der Herstellung des Faltens und Schneidens verbunden als auch als metaphorisches Bild lesbar. Insbesondere im kunsthistorischen Kontext gilt das Gitter – wie Rosalind Krauss hervorhob – als Inbegriff des modernistischen Bestrebens nach Objektivität, schematischer Klarheit, Logik und Entpersönlichung. Gleichzeitig verweist Julia Haugeneder über die grafische wie materielle Struktur des Netzes auf zeichenhafte Ordnungsstrukturen, die den öffentlichen Raum gliedern, indem sie ihm – der logischen Ordnung der Sprache verwandt – eine spezifische visuelle Syntax verleihen, die wir lernen als Verhaltensregeln zu „lesen“ und internalisieren. Die Strukturanalogie des Rasters als Grundform modernistischer Kunst und als Ausdruck rigider Geometrie als Matrix der zeitgenössischen Lebenswelt thematisiert Haugeneder mit einem spielerischen Verweis auf die Kunst der Minimal Art auch im Ausstellungsdisplay. So liegen ihre Faltungen auf Halterungen, die sich in ihrer strikten Anordnung als Referenz auf die specific objects von Donald Judd verstehen, während die quadratischen Teppichfliesen, die geometrischen Umrisse des Raumes nachzeichnen, die Bodenarbeiten von Carl Andre evozieren. Aufgrund ihrer Sinnlichkeit und Materialität sprengen sie jedoch den Rahmen jeglicher Bezugnahme und rufen vielmehr Ferreira Gullars Passus aus dem Manifest des brasilianischen Neokonkretismus ins Gedächtnis, in dem es heißt: Wir begreifen Kunst weder als „Maschine“ noch als „Objekt“, sondern als Quasi-Korpus, d. h. als Entität, deren Realität nicht in den äußeren Beziehungen ihrer Elemente erschöpft ist; als Entität, die sich […] nur einem direkten phänomenologischen Ansatz vollständig hingibt.

Man würde die Arbeiten von Julia Haugeneder jedoch missverstehen, verstände man sie als Wiederaufleben der Frontstellung einzelner Tendenzen der modernen Kunst. Vielmehr ist es für ihre Arbeiten bezeichnend, dass sie auf unterschiedlichsten Ebenen und mit Verweisen auf diverse Referenzsysteme, die Ambivalenz menschlicher Wahrnehmung, als Schwanken zwischen einem kognitiven Erfassen der Realität und einem leiblichen Zur-Welt-sein erfahrbar machen. Oder wie es die Künstlerin formuliert: „der Riss zwischen einer Wahrnehmung mit allen fünf Sinnen und einer zeichenhaften, sprachlichen, also rationalen Wahrnehmung, ist das Spektrum, indem ich meine Objekte begreife.“


Link to exhibtion

Vienna, AT
Solo

Projektraum Viktor Bucher, Parallel 2020 Rudolf Sallinger Platz 1, 1030 Vienna, AT 22. – 27.09.2020 www.projektraum.at

Projektraum Viktor Bucher, Parallel 2020

Rudolf Sallinger Platz 1, 1030 Vienna, AT

22. – 27.09.2020

www.projektraum.at

Baden, AT
Group

Kunstverein Baden Beethovengasse 7, 2500 Baden 26.2. – 18.2. 2021 (Press-)Text Andreas Hoffer For many years now, Kunstverein Baden has…

Kunstverein Baden

Beethovengasse 7, 2500 Baden

26.2. – 18.2. 2021

(Press-)Text Andreas Hoffer

For many years now, Kunstverein Baden has been cooperating with AIR – ARTIST IN RESIDENCE Niederösterreich: once a year, the Kunstverein brings together two artists who would probably never have met otherwise, as was the case last year with Sissa Michele, an artist from South Tyrol who lives in Vienna, and Raffael Mayu Nolte from Peru. This can give rise to exciting dialogues, or the two artistic positions simply meet at one exhibition venue. For the AIR program, this form of collaboration offers a good opportunity for the residencies to get to know local artists and institutions.

This year, due to Corona, many things are different. In addition to the fear of whether it would even be possible to open the doors, let alone hold an opening of any kind, there was also the worry of whether the foreign AIR guests would even be able to enter. Arnold Reinthaler had already been confirmed for this exhibition for some time and would have originally met the German photographer Gabriele Engelhardt, but she had to cancel in January due to circumstances. So for the first time we did not invite a guest from abroad for our cooperation, but an artist from Austria, who was already in exchange as AIR – artist in Westport, Ireland. Julia Haugeneder was kind enough to step in at such short notice, for which we all thank her!

Julia Haugeneder originally comes from the graphic arts, has dealt intensively with the linocut and innovative processing forms of this material. From there she came to bookbinding glue as a starting material, which she mixes with paint and plaster. Fragile and solid at the same time, objects emerge that she stretches, shapes, folds. In this way, rolled, folded objects are created that hang, lie and stand in space. In their light presence of folds, the objects are reminiscent of bales of fabric or Asian sushi creations. The material bookbinding glue, not yet seen used in this way, she always questions anew, exhausting the possibilities and constantly expanding them. Haugeneder thinks serially, works with her objects in space to create references, thus challenging the viewer to think in terms of relationships. The originally fluid, thus also volatile source material is bound in temporality and fixed in form, surprising and stimulating at the same time.

The sculptor Arnold Reinthaler works with classical sculptural materials such as marble and granite. Material for eternity, not for nothing used for gravestones and monuments. He engraves and chisels into the stone, however, not that which is fixed forever, but rather formations of possibility, fixations of time, thoughts of „what if,“ that which is not yet reality, but could be possible future reality, something very fragile, in other words. Reinthaler also works serially. Time and its processes are material for his investigations. For example, he creates a library of books that meticulously manifests his own lifetime by listing all his activities. This daily process of writing down what has been lived, done, is reminiscent in its stringency of the daily fixing of time of an artist he esteems, On Kawara. Reinthaler circles around the possibilities of experiencing time and making it tangible, or making it intangible, in ever new series. 

It is also exciting that Arnold Reinthaler, as a sculptor with his materials such as stone, tends to remain in the surface, in the pictorial character, while Julia Haugeneder, who comes from the surface of graphics, goes into the space with her objects. Thus, two artists will enter into a fruitful dialogue in the space of the Kunstverein Baden, addressing the possibilities of material, space and time in very different artistic translations and actions.

https://www.kunstvereinbaden.at/

Vienna, AT
Group

QUELLENSTRASSE 2A Quellenstrasse 2A, Vienna 24.09. – 10.10.2019 with Georg Haberler / Markus Huemer / Sabine Johanna Wiedenhofercurated by Jürgen…

QUELLENSTRASSE 2A

Quellenstrasse 2A, Vienna

24.09. – 10.10.2019

with Georg Haberler / Markus Huemer / Sabine Johanna Wiedenhofer
curated by Jürgen Pöltzl

Vienna, AT
Group

Library, Academy of Fine Arts Vienna Academy of Fine Arts Vienna, Augasse 2–6, 1090 Vienna, Library 23. – 26.01.2020 Link…

Library, Academy of Fine Arts Vienna

Academy of Fine Arts Vienna, Augasse 2–6, 1090 Vienna, Library

23. – 26.01.2020

Link to exhibition

Nice, nice, very nice
Nice, nice, very nice
So many people in the same device
(Kurt Vonnegut, Cat’s Cradle, London 2008. S. 2,3)

with Frank Maria,, Natalie Neumaier, Oliver Riedel, Paul Robas und Victoria Vinogradova;
organised by Oliver Riedel

Karlsruhe, DE
Group

Villa Gellertstr. 14 Gellertstraße 14, Karlsruhe, DE 12. & 13.10. 2018 Anna Bläser, Denis Kudrjasov, Eliane Näger, Eva Schreppel &…

Villa Gellertstr. 14

Gellertstraße 14, Karlsruhe, DE

12. & 13.10. 2018

Anna Bläser, Denis Kudrjasov, Eliane Näger, Eva Schreppel & Julius Jurkiewitsch, Evelyn Plaschg, Hannah Zeller, Johannes Schwickert, Jordan Madlon, Julia Haugeneder, Katinka Eichhorn, Lisa Schächner, Lucia Mirlach

Gmunden, AT
Group

AIR 101 @ Church Bürgerspital Church St. Jakob, Gmunden 2.7. – 31.7.2022 www.air101.attogether with Luka Jana Berchtold, Dejan Dukic, Hanakam…

AIR 101 @ Church

Bürgerspital Church St. Jakob, Gmunden

2.7. – 31.7.2022

www.air101.at
together with Luka Jana Berchtold, Dejan Dukic, Hanakam & Schuller, Thea Moeller, Toni Schmale
Initiated and curated by Andrea Bier
Curatorial support: Petra Zechmeister
Assistance: Sophie Halder
Editing: Liquid Frontiers

Vienna, AT
Co-op

Kunstraum SUPER Schönbrunner Str. 10, 1050 Wien, Österreich 8.12.2020 – 10.01.2021 neu.supersuper.at Marschmallows, Schokoladentafel in Alufolie, Götterspeise, Mäusespeck und Himbeermilchshake…

Kunstraum SUPER

Schönbrunner Str. 10, 1050 Wien, Österreich

8.12.2020 – 10.01.2021

neu.supersuper.at

Marschmallows, Schokoladentafel in Alufolie, Götterspeise, Mäusespeck und Himbeermilchshake machen Freude. „ALLES AUSSER MARZIPAN“ umfasst Objekte, die sich den Lebensmitteln mit dem geringsten Nährwert, aber dem größtem Lustgewinn widmen. Wenn wir uns fragen, wovon wir umgeben sind, jetzt und heute, dann zählt dazu auch Essen, das nicht sättigen, nicht kräftigen, sondern Spaß machen soll. Vieles davon kennen wir seit Kindertagen: Wir verbinden die Lebensmittel aus unserer Kindheit mit speziellen Gefühlen und Erinnerungen, seien es gute oder schlechte. Essen kann Assoziationsketten kreieren und Geschichten erzählen. Es bindet uns an unsere Herkunft und hat einen besonderen Erinnerungswert. Siegfried Kracauers bekanntes Plädoyer appliziert also auch auf Junkfood: „Der Ort, den eine Epoche im Geschichtsprozess einnimmt, ist aus der Analyse ihrer unscheinbaren Oberflächenäußerungen schlagender zu bestimmen als aus den Urteilen der Epoche über sich selbst,“ Himbeerzuckerl und Lakritz beispielsweise könnten die Geschichte von zwei Frauen erzählen. Die eine Österreicherin, die als Kind in Wiener Zuckerlgeschäften der altmodischen Sorte ihre Zeit verbrachte, die andere Deutsche, die von ihrem Vater stets heimlich die harten Salzlakritz-Katzen aus dem Handschuhfach genascht hat, die man in Wien nicht einmal findet. Lebensmittel aus unserer Kindheit werden zu Komfortnahrungsmitteln, die wir als Erwachsene in Zeiten der Frustration und des Stresses oder schlicht zur Selbstbelohnung suchen. Mit der Serie „Junkfood“ beschäftigen wir uns genau mit solchen Themen: Welches Verständnis von Lustbefriedigung und welche Assoziationen werden durch Junkfood transportiert, wenn es als Nahrungsmittel völlig jenseitig jeglicher „Bedürfnisbefriedigung“ angesiedelt ist, sondern lediglich Unterhaltungswert hat und auf ein Begehren ohne Mangel rekurriert?

Unser Zugang ist stark vom Material geprägt. Wir versuchen nicht, den Ausgangspunkt, also das Nahrungsmittel, detailgetreu wiederzugeben. Vielmehr geht es darum die Spuren des (Er-) Arbeitens sichtbar zu lassen; das Material, aus dem die Arbeit gemacht ist, mitsprechen zu lassen.

Text: Sarah Fripon und Julia Haugeneder

Vienna, AT
Group

Fluc Wanne Praterstern 5, 1020 Wien June 9, 2021 The exhibition Me and the Place is dedicated to the question…

Fluc Wanne

Praterstern 5, 1020 Wien

June 9, 2021

The exhibition Me and the Place is dedicated to the question of blurred boundaries. How does the spatial demarcation of boundaries intertwine with the experiential horizon of the individual, in the time when the idea of a private form of ownership seems more appropriate than the collective one. Who speaks with, whose worlds of ideas deform what surrounds one, how are the changes perceived and felt?

with Milijana Babić & citizens of Rijeka, Julia Haugeneder, Nadija Mustapić, Nika Rukavina, Karl Salzmann

Curator: Anamarija Batista

Vienna, AT
Group

Library, Academy of fine Arts Vienna Augasse 2–6, 1090 Vienna 25.01.2019 – 30.01.2019 Ausstellung im Rahmen des Akademierundgangs 2019 und…

Library, Academy of fine Arts Vienna

Augasse 2–6, 1090 Vienna

25.01.2019 – 30.01.2019

Ausstellung im Rahmen des Akademierundgangs 2019 und der Veranstaltungsreihe „Donnerstags in der Bibliothek“ der Universitätsbibliothek der Akademie der bildenden Künste Wien mit Daniela Palma Caetano Auer, CMYK, Iris Dittler, Julia Haugeneder, Stefanie Hintersteiner, Lukas Hochrieder, Terese Kasalicky, Niko Lapuch, Marie Muhar, Heti Prack, Anna Reisenbichler, Raphaela Riepl und Katharina Scheucher, kuratiert von Terese Kasalicky und Katharina Scheucher.

In this life, the material world becomes peripheral, although it continues to exist, dragging itself slowly behind us like uncoiled viscera, often unpleasant and inconvenient yet apparently still necessary. (Zadie Smith)

Salzburg, AT
Co-op

Galerie 5020 Residenzpl. 10, 5020 Salzburg 11.11. – 16.12.2017 Lecture by Hans-Joachim Lenger: 10.11.2017, 17hLink to exhibition Die Idee zur…

Galerie 5020

Residenzpl. 10, 5020 Salzburg

11.11. – 16.12.2017


Lecture by Hans-Joachim Lenger: 10.11.2017, 17h
Link to exhibition

Die Idee zur Ausstellung Wie vermochten wir das Meer auszutrinken entstand in Auseinandersetzung mit dem Begriff des „Gemeinsam-seins“. Diesem haftet sowohl in der Kunst als auch in gesellschaftspolitischen Ordnungen ein hoffnungsvoller Gedanke an: die Möglichkeit, Gemeinschaften herstellen zu können, in denen es sich gemeinsam aushalten lässt.

Unbestritten ist, dass sich das Problem des „Gemeinsam-seins” stets aufs Neue stellt und dies gerade jetzt – in Zeiten der Aufrüttlung „europäischer Homogenität“ durch außereuropäische Einflüsse – mit besonderer Dringlichkeit. Ein „Gemeinsam-sein“ kann jedoch in keinem Fall auf einem Gegebenen des gemeinsamen Seins beruhen. Vielmehr stehen wir vor der Aufgabe, ein „Gemeinsam-sein“ zu denken, das als Sein jenseits von Identitäten, Zuständen und Subjekten situiert ist.

Jean Luc Nancy, der seit vielen Jahren in zahlreichen seiner Texte über ein „Gemeinsam-sein“ nachdenkt, erläutert die Notwendigkeit eines neuen Begriffs des „Gemeinsam-seins“ sehr plastisch mit der Säkularisierung unserer Lebenswelt. „Die Gemeinschaft […] der Menschen hatte sich sich selbst ausgeliefert, indem sie sich von religiösen Bindungen, die ihr im Übrigen ihre […] Konsistenz verliehen hatte, entband und sich eine Geschichte der – notwendigerweise gemeinsamen […] – Selbsthervorbringung der Menschen eröffnete, sowohl als Gattung als auch als Einzelnen.“1 Diese Geschichte der Selbsthervorbringung des Menschen beginnt mit dem, was Nietzsche den Tod Gottes nennt. „Wie vermochten wir das Meer auszutrinken?“2, lässt Nietzsche in „Die fröhliche Wissenschaft“ den „tollen Menschen“ fragen. Dieses Meer ist Gott als Bezugssystem des Menschen, das Koordinatensystem innerhalb dessen sich der Mensch zu verorten wusste und das ihm Konsistenz verlieh. Dass der Mensch sich diesem selbst enthoben hat, war der Grundstein für Georg Lukacs’s „transzendentale Obdachlosigkeit“ – einen Begriff, der auch heute noch unser Denken prägt. Der „tolle Mensch“ weiß, dass die Auflösung Gottes ein für das menschliche Denken undenkbares Ereignis darstellt. Er spricht daher weiter: „Diese That ist ihnen immer noch ferner, als die fernsten Gestirne, – und doch haben sie dieselbe gethan!“3 Diese Tat ist uns heute noch kaum näher. Es ist der Mensch selbst, der sich von Gott befreit und sich damit aber gleichzeitig in die Leere begibt, in der es keine Konstanten, keine Anhaltspunkte mehr gibt. „Wer gab uns den Schwamm, um den ganzen Horizont wegzuwischen?“4, so lautet die zweite Frage des „tollen Menschen“ bei Nietzsche.

Kein Horizont ist gleichbedeutend mit einem „Horizont des Unendlichen“5, den Nietzsche mit dem offenen Meer in Verbindung setzt. Nancy antwortet scheinbar auf Nietzsche, wenn er von diesem Horizont des Unendlichen schreibt: „keine Linie mehr, die gezogen wurde, noch eine, die sich ziehen ließe, um daran die Marschroute auszurichten oder einen Hinweis für den Kurs zu erhalten.“6

„Wohin bewegen wir uns? Fort von allen Sonnen? Stürzen wir nicht fortwährend? Und rückwärts, seitwärts, vorwärts, nach allen Seiten? Giebt es noch ein Oben und ein Unten? Irren wir nicht wie durch ein unendliches Nichts? Haucht uns nicht der leere Raum an?“7

Inmitten dieses leeren Raums findet also diese Selbsthervorbringung des Menschen statt, was ganz schlicht so viel bedeutet wie: wir sind. Und die Einsicht, dass wir nur gemeinsam sind, ist so trivial wie schwerwiegend. Denn der bloße „Rückgriff auf kommunitäre Wesenheiten“8 als Bestimmungsmerkmal einer Gemeinschaft hat in den vergangenen Jahrhunderten zu Massakern und der Verordnung des Todes geführt.9

Das „Gemeinsam-sein“ kann, soviel ist durch die jüngere Geschichte klar geworden, unter keinen Umständen auf Filiation, Ursprung, Erwählung oder mystischer Identität basieren.10 Wie also, fragt Nancy, „wie also gemeinsam sein, ohne das zu bilden, was die gesamte Tradition […] eine Gemeinschaft nennt (einen identitären Körper, eine Intensität des Eigenen, eine natürliche Intimität)?” Und er antwortet: „Zusammen-sein“, doch „zusammen- sein“ zu aller erst verstanden als Bedingung und nicht als ein vom Sein losgelöster Wert. Nancy’s Wort dafür ist das lateinische „cum“, im Deutschen „mit“, aber besser bestimmt mit dem französischen „d’avec“ (von-mit). „Cum“ bezeichnet die Koexistenz der Seienden in der Welt, es setzt „uns einander gegenüber, es liefert uns einander aus, es bringt uns gegeneinander in Gefahr, und es liefert uns alle zusammen nichts anderem aus als der Erfahrung dessen, was es ist – […] aber ‘es selbst’ ist unendlich und ohne Identität.“11 Wesentlich dabei ist, dieses „zusammen-sein“ keinesfalls zu glorifizieren. Dieses „mit“ findet nicht zwischen Subjekten statt, sondern ist Ort und Bedingung dafür, dass etwas stattfinden kann, wir uns begegnen können. Das „Gemeinsam-sein“ ist damit ein „mit-sein“, nicht an einem lokalisierbaren Ort, sondern in einem offenen „cum“.

Wir stimmen Nancy zu, wenn er eindringlich darauf hinweist, dass ein „offenes cum“ nicht schon einen Wert für sich generiert, sondern nur, das heißt vor allem, „die Bedingung der Koexistenz endlicher Singularitäten“ ist, „zwischen denen die Möglichkeit von Sinn endlos zirkuliert.“12 Was uns dazu bewegte, eine Ausstellung rund um einen Begriff zu initiieren, der sich jeder Exposition in kristalliner Form entzieht, ist die Überzeugung, dass für Denken immer eine Anrede nötig ist – Dasein, das „Gemeinsam-sein“ bedeutet, heißt auch, dass sich Denken nicht solitär, sondern unter der Bedingung des gegenseitigen „Ausgesetzt-seins“ vollzieht.

Die in der Ausstellung gezeigten Werke der sechs Künstlerinnen und Künstler sind zum Großteil im vergangenen Jahr entstanden – dennoch wäre es nicht richtig zu sagen, die Arbeiten wären „für die Ausstellung“ produziert worden; ja nicht einmal beschäftigen sie sich direkt mit dem Thema des Gemeinsam-seins. Der Grund dafür liegt vor allem in der schlichten Tatsache, dass der von uns hier skizzierte Themenkomplex nicht mit Blick auf ein Resultat „erarbeitet“ werden kann. Ein „Gemeinsam-sein“ entsteht jedoch im „Zwischen“ – zwischen uns, in den Gesprächen des letzten Jahres als Vorbereitung auf die Ausstellung, zwischen den ausgewählten Arbeiten, zwischen den beteiligten Akteurinnen und Akteuren, im „Zwischen“ jeder einzelnen Arbeit und natürlich auch in jenem „Zwischen“, das durch ein Ausstellen und Öffentlich-machen realisiert wird. Es wäre daher gelogen, dass die Ausstellung sich mit dem Gemeinsam-sein „beschäftigt“, vielmehr ist sie dessen Artikulation, die in der Fünfzigzwanzig ihre vorläufige Form findet.

Hier soll also kein Diskurs entworfen werden, hingegen teilen wir, was Jean-Luc Nancy hoffnungsvoll als Erwartung an seine Arbeit formuliert: „dass die Anrede wahrnehmbar wird von einem Denken, das uns von überall her erreicht, simultan, vielfach, wiederholt, insistierend und variabel, und dabei niemand andrem ein Zeichen gibt als „uns“ und unserem neugierigen ‚Mit-ein-ander-sein’, die-einen-die-anderen-anredend.“13

Text: Julia Haugeneder und Sabine Priglinger

1. Nancy, Jean-Luc, Das nackte Denken, aus dem Franz. von Markus Sedlaczek, Zürich-Berlin: Diaphanes 2014, S. 141
2. Friedrich Nietzsche: Werke in drei Banden. München 1954, Band 2, S. 126
3. ebd.
4. ebd., S. 127
5. ebd.
6. Nancy, Jean-Luc, Singulär plural sein, aus dem Franz. von Ulrich Müller-Schöll, Zürich: Diaphanes 2004, S. S. 9f.
7. Friedrich Nietzsche: Werke in drei Banden. München 1954, Band 2, S. 127
8. Nancy, Das nackte Denken 2014, S. 142
9. vgl. ebd., S. 141 f.
10. vgl. ebd. S. 142
11. ebd., S. 146
12. ebd., S. 149
13. Nancy, Singulär plural sein, S. 14

Hans-Joachim Lenger (1952-2019 ) war Professor für Philosophie und Medientheorie an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg. Er veröffentlicht regelmäßig philosophische, kunst- und medientheoretische Beiträge in Zeitschriften, Sammelbänden und Katalogen und ist Autor einer Vielzahl von Rundfunkbeiträgen für verschiedene Sender der Bundesrepublik. Seine politischen und philosophischen Fragen gelten insbesondere der Kunst und dem Begriff des Politischen. Wichtigste Veröffentlichungen: »Zum Abschied. Ein Essay zur Differenz« (transcript, 2001), »Marx zufolge. Die unmögliche Revolution« (transcript, 2004), »Mnema. Jacques Derrida zum Andenken« (Hg. gemeinsam mit Georg Christoph Tholen, transcript 2007), »Virtualität und Kontrolle« (Hg. gemeinsam mit Michaela Ott, Sarah Speck und Harald Strauß, material Verlag der HfbK Hamburg, 2008).